Also kommen wir zurück zu Maria Lassnigs Kunst. Mir obliegt es, jetzt hier in vergleichsweise kurzer Zeit, Ihnen die Bedeutung eines künstlerischen Werkes vorzuführen, dessen Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit (eines der wichtigsten Kriterien übrigens) für die Jury und den Vortragenden außer Zweifel steht.
 
Man muss sich natürlich zu Anfang fragen, warum einer so großartigen Künstlerin erst so vergleichsweise spät der ihr gehörende hohe Platz zugestanden wurde? Warum mehrere Generation von Kritikern sie - tendenziell willentlich oder nicht - übersehen oder doch an ihr vorbei gesehen haben? Warum hat Maria Lassnigs Malerei erst im letzten Vierteljahrhundert stetig an Beachtung gewonnen? Oder anders herum: Warum hat Maria Lassnig erst jetzt jenen Platz eingenommen, der ihr offensichtlich gebührt? Ich rede jetzt nicht einmal von den immer noch zu entdeckenden Filmen, Zeichentrickfilmen (und Videos) der Künstlerin, von denen ich leider auch nur einige wenige kenne und zeige dazu nur eine Seite mit Zeichnungen zu dem Animationsfilm Chairs von 1971, der zugleich auch die Zeichenweise Maria Lassnigs andeutet.
 
Aber „das wäre ein weiteres Feld“, um es ein wenig abgewandelt mit dem alten Fontane'schen Briest zu sagen, der seit einigen Jahre ja gelegentlich mit dem alten Grass verwechselt wird und soll hier nicht unser Thema sein...